Sie, du, Herr Sachse!
- Kay Sachse
- 12 okt 2011
- 2 minuten om te lezen
Bijgewerkt op: 5 jan 2020
Unbekannte Menschen kennenzulernen, ganz besonders wenn diese aus dem Ausland kommen, ist immer aufregend. Da mƶchte man den richtigen Ton treffen und sich nicht darin vergreifen. Wie aber spricht man den sympathischen Deutschen mit dem flotten Auftreten an? Doch nicht mit dem altbackenen Sie? Mƶchte sich der Mann (oder die Frau) von Welt denn anno 2020 noch wie ein Schulmeister ansprechen lassen? Vielleicht nicht ein jeder, aber sicherlich eine ganze Menge.
Gerade in den Niederlanden, in denen es andere Gepflogenheiten im Umgang miteinander gibt, stƶĆt die deutsche Hƶflichkeitsform mit dem Sie nicht überall auf VerstƤndnis. Und jeder, der in den Niederlanden wohnt, kennt sicherlich die folgenden Fragen zur Verwendung der Hƶflichkeitsform.Ā āIst das nicht viel zu distanziert?ā āWirke ich da nicht arrogant?ā āDas Du spricht sich doch viel leichter!ā
Sicherlich lƤsst sich die dritte Bemerkung am einfachsten widerlegen: Die grammatischen Formen in der Konjugation mit Du sind nƤmlich alles andere als einfach, wƤhrend die Sie-Formen ganz einfach mit dem Infinitiv gebildet werden. Und āSie haltenā ist da allemal einfacher als āDu hƤltstā, bei dem der Umlaut und das fehlende -e in der Endung erklƤrt werden müssen.
Bleiben also nur noch arrogant und distanziert, und auch diese Vorurteile lassen sich zügig aus der Welt schaffen: Die Sie-Form drückt weder Arroganz noch Distanz aus, sondern ā wie der Name schon sagt ā Hƶflichkeit und Respekt; daher ja auch Hƶflichkeitsform. Mit dem Sie zeigt man dem Angesprochenen den gebührenden Respekt und wahrt die unsichtbare Distanz, deren Ćberschreiten manche als genauso taktlos empfinden wie das Ćberqueren der roten Linie am Bankschalter. Die auch sprachlich ausgedrückte ArmeslƤnge Abstand zum GesprƤchspartner schafft nƤmlich Luft, wƤhrend das Du eine ungewünschte NƤhe, eine erstickende Distanzlosigkeit vermitteln kann. Dies führt zu Ablehnung und Zurückweichen, zwei Verhaltensweisen, die gerade beim ersten Kennenlernen unbedingt vermieden werden sollten, und die schlimmer sind als ein ganzer Schwung von Grammatikfehlern.
Deshalb: Wer bei den ersten GesprƤchen das Sie benutzt, vermeidet grammatisch komplizierte Konstruktionen und bietet dem GesprƤchspartner genügend Raum zur Entfaltung, sodass zügig eine angenehme Kommunikation mƶglich wird, bei der auch Scherze ihren Platz haben, denn wer sagt, dass das Sie den passenden Humor ausschlieĆt?
Und wer weiĆ, landet man dann früher oder spƤter doch einmal an der Stelle, an der einem das Du angeboten wird! Aber merke: Das Du wird entweder von der Ƥlteren Person oder derjenigen mit der hƶheren Position (in der Firma) angeboten. Eine SelbstverstƤndlichkeit ist das Du aber nicht, die somit also manchmal schon nach kurzer Zeit angeboten wird, manchmal aber auch nie. Und trotzdem kƶnnen sich auch die Kollegen, die sich schon seit Jahren siezen, ausgezeichnet miteinander verstehen. Wenn das nicht optimistisch stimmt.
Nachschlag: Als kurze Gedankenstütze ein Zitat meines Vaters, der vor dem voreiligen Gebrauch der Du-Form warnt: āMan sagt viel leichter: Du blƶdes Arā¦., als Sie blƶdes Arsā¦!ā Na, und wo er recht hat, hat er recht.









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